Die Entwicklung der Psychiatrie war im Laufe ihrer Geschichte von zahlreichen Irrwegen gekennzeichnet, die sie weit von ihrem Anspruch weg geführt haben, Heilkunde zu sein. Der schrecklichste endete 1939 in Hitlers Euthanasiegesetz. Davon betroffen war auch die Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling. Nach Ende der Besatzung wurden in Österreich neue Ansätze in der Psychiatrie gesucht. Mit der Verwendung von Psychopharmaka ab 1952 ließ sich die Verweildauer der PatientInnen in psychiatrischen Anstalten mitunter erheblich verkürzen. Gleichzeitig wurden Behandlungsmethoden wie Beschäftigungs- und Bewegungstherapien entwickelt.
Erst in den 70er Jahren wandelte sich das Bild des „Irren“. Es gelang die Gleichstellung von psychisch und körperlich Erkrankten. Durch die neue Sichtweise, den Menschen aus seiner „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ zur Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu begleiten, wurde 1981 der Verein Arbeitsgemeinschaft Sozialdienst Mauer gegründet.
Die ersten Schritte
der extramuralen Versorgung waren mit dem Besuchsdienst gelungen. Er ermöglichte den „LangzeitpatientInnen“ erste Kontakte zu ihren Angehörigen in Niederösterreich, Wien und Burgenland. Der finanzielle Grundstein für die Schaffung von Wohnplätzen in Mauer wurde durch ein Sportfest des „Club Niederösterreich“ gelegt. Die Betreuung der psychisch kranken Menschen erfolgte damals durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen und die Bevölkerung akzeptierte die neuen NachbarInnen.
Mit dem NÖ Psychiatrieplan wurde die Grundlage zu einer gemeindenahen psychiatrischen Versorgung geschaffen. Es konnten die erste Wohngemeinschaft in Amstetten eröffnet und hauptamtliche Mitarbeiterinnen angestellt werden. Dies war ein Meilenstein für die professionelle Betreuung.
Das Erwachsenwerden
war verbunden mit der Schaffung von teilstationären und stationären Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Gemäß §§ 46 und 47 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200 entstanden in den Bezirken Scheibbs und Melk die „Wabe Erlauftal“ sowie das „Haus der Geborgenheit“.
In Zusammenarbeit mit dem NÖGUS und dem Landesklinikum Mauer wurde im Jahr 2003 ein Enthospitalisierungsprojekt durchgeführt. Das „Haus Lichtbogen“ in Amstetten ist das Resultat dieses Projektes.
Wir sind ein initiativer und aufgeschlossener Verein geworden. Auch die NÖ Landesregierung mit den Entscheidungsträgern der Abteilung Soziales, Arbeit und Familie schätzt die Kompetenz der ARGE Sozialdienst Mostviertel. So konnte am Standort Amstetten die notwendige Tagesstätte mit Wohnhaus verwirklicht werden.
Die Zielsetzung
der 100 Menschen, die derzeit in den verschiedenen Einrichtungen unterstützt werden, ist sehr unterschiedlich. Sie erfahren unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung die größtmögliche Förderung ohne Überforderung. Wesentlich ist die Erlangung und Einhaltung einer Tagesstruktur im lebenspraktischen Bereich sowie die Pflege seiner selbst und die Pflege der Kontakte zu anderen.
Die knapp 50 hauptamtlichen MitarbeiterInnen besitzen nicht nur berufliche Fähigkeiten – sie sind Fachleute im Umgang mit psychisch kranken Menschen. Durch die persönliche Beziehung und Förderung der gesunden Anteile stärken sie gemeinsam das Selbstvertrauen der Betroffenen, damit ihr Leben gelingt.